In Handschellen wird der Teenager Alexis (Félix Lefebvre) abgeführt. Mit ernster Stimme berichtet er als Ich-Erzähler, wie alles geschah, vor einem halben Jahr in jenem beschaulichen Küstenort der Normandie. Mit seiner kleinen Segeljolle gerät der 16-Jährige in ein überraschend aufziehendes Unwetter und kentert. Als Retter in der Seenot taucht der 18-jährige, gutaussehende David (Benjamin Voisin) auf. „Das ist er. Der künftige Leichnam!“, so zieht Alex, wie er seinen Namen gerne verkürzt, das Publikum rückblickend ins Vertrauen. Die Zeitsprünge haben Methode, der junge Held erzählt seine Story aus dem Danach.
Wie ein Puzzle setzt sich zusammen, wie das ganze Bild schließlich aussehen wird. Eines jener Puzzle-Stücke ist das Faible für den Tod. Immer wieder erzählt Alex davon. „Manchmal verstehen wir nicht, was er sagt“, klagt die besorgte Mutter (Isabelle Nanty). Kaum sind die beiden durchnässten Teenager an Land, schlägt David vor, gemeinsam in die Familien-Villa zu gehen, um sich aufzuwärmen. Seine Mutter (Valeria Bruni-Tedeschi) empfängt den Gast mit überschwänglicher Herzlichkeit. Höchstpersönlich reißt sie im Badezimmer dem völlig verdutzten Alex die Kleider vom Leib und steckt ihn nach neugieriger Musterung in die Wanne: „Badewannen erinnern mich schon immer an Särge“ vertraut Alex dem Publikum an und erinnert einmal mehr an seine Obsession für den Tod.
Auch David interessiert sich für das Thema. Den Tod des verstorbenen Vaters hat er noch nicht verarbeitet. Später verlangt er von Alex einen gemeinsamen Schwur: Wer den anderen überlebt, der muss auf dessen Grab tanzen. „Tanz auf meinem Grab“ heißt denn auch die Romanvorlage des Briten Aidan Chambers. Die Romanze zwischen den beiden Teenagern entwickelt sich mit großer Leidenschaft. Begeistert setzt sich Alex auf den Rücksitz der Suzuki, mit der David über die Straßen rast. Die riskante Fahrt nimmt er in Kauf, schließlich kann er sich auf dem Motorrad ganz eng an seinem Freund festhalten. Einmal mehr zieht Alex das Publikum ins Vertrauen: „Sie wollen wissen, was in jener Nacht hinter dieser Tür geschah? Das ist normal. Wir alle wollen die Geheimnisse hinter geschlossenen Türen erfahren. Aber ich verrate es nicht. Nur soviel: Es war die schönste Nacht meines Lebens. Und ich verbrachte sie mit David.“
Bald jedoch tauchen dunkle Wolken am rosaroten Beziehungshorizont auf. Eifersüchtig stellt Alex fest, dass sein Freund bis 4 Uhr früh am Strand mit einer neuen Bekanntschaft verbrachte. Der flotte Flirt mit dem attraktiven Au-pair-Mädchen Kate (Philippine Velge) wird das Fass schließlich zum Überlaufen bringen. „Das war der Anfang vom Ende“, blickt der Held auf eine gemeinsame Bootsfahrt zu dritt zurück. Am Morgen danach wird die Beziehung in die Brüche gehen, nach „6 Wochen, 1008 Stunden, 3.628.800 Sekunden“, wie Alex vorrechnet.
Dem großen Streit folgt die große Tragödie. „Du hast ihn umgebracht!“, schreit die Mutter den Freund ihres Sohnes an. Alex ist unendlich traurig. Mit Hilfe von Kate gelingt es ihm, einen letzten Blick auf den toten David zu werfen. Und Alex wird sein Versprechen um jeden Preis einlösen: Zu den Walkman-Klängen von „I am Sailing“ von Rod Stewart stellt sich der Teenager in der Nacht auf das frische Grab seines Freundes und beginnt zu tanzen.
Regie
François Ozon
Mit
Félix Lefebvre , Benjamin Voisin, Philippine Velge, Valeria Bruni-Tedeschi, uvm.
Kinostart
08.07.2021
Produktionsjahr
2020
FSK
12
Genre
Drama, Lovestory, Coming-of-Age
Produktion
Mandarin Films
Produktionsländer
Frankreich
Buch
François Ozon, Aidan Chambers